Da es bisher keine umfassende Theorie der Raumdramaturgie gibt, sollen im folgenden einige wichtige theoretische Ansätze bzw. Modelle kurz skizziert werden, die Relevanz für die Beziehung des Betrachters zur Mind Experience metakommunikative Raumdramaturgie besitzen.
Damit stellen sich die Fragen:
Wir sind nicht bloß Wesen, die aufnehmen und verarbeiten, sondern auch solche, die Energie entfalten und freisetzen. Daraus lässt sich ein Wahrnehmungsfunktionskreis - bei der Raumdramaturgie-Besucher-Beziehung ableiten.
Viele zwischen den Dingen sichtbar und unsichtbar wirkenden Kräfte gehören zu der Mind Experience Raumdramaturgie. Die offensichtlichen lassen sich verhältnismäßig leicht feststellen, wie:
Die immateriellen Vorgänge und Energien, seien sie physischer oder geistiger Art, bleiben aber der direkten Wahrnehmung und meist auch dem Bewusstsein verborgen.
Wenn auch viele der reizüberfluteten Menschen heute kein Organ mehr für fluidale Ausstrahlungen haben, so werden durch die "metaphysischen Eigenschaften" der Raumdramaturgie der genius loci und deren stoffliche Objekte, immaterielle Wirkungen erzielt.
Fasst man alle offensichtlichen, nur spürbaren, mittelbar wahrnehmbaren und indirekten, anderseits alle nur berechenbaren, denkbaren, stets unbewusst, über- und unsinnlich bleibenden Einflüsse zusammen, so ergibt sich, dass alle Wirksamkeiten erneuernde, regulierende oder strukturelle Funktionen haben.
Und in diesem dreifachen Sinne, der die zerstörerischen, aber gleichzeitig aufbauenden Kräfte, ferner auch deren Tragfähigkeit in ihrem Zusammenspiel mit einschließt, lässt sich von einer Raumdramaturgie-Dynamik sprechen.
Der Begriff "Dynamik" wird in diesem Zusammenhang erweitert verwendet, nicht nur als Stärke und Vermögen, sondern schon in einem quasi energetischen und auch in einem form-nahelegenden, substantiellen Sinne. Dies ist nur möglich in bezug zur Raumdramaturgie, denn diese bindet die Energie, wandelt die Wirksamkeiten zu erfolg- und zielgerichteten Wirkungen.
Sicher wäre es verkehrt, Gegebenheiten der Raumdramaturgie als bedeutungslos abzustempeln, weil sie vielleicht zunächst einmal undeutbar erscheinen. Es gibt gerade bei der Mind Experience metakommunikativen Raumdramaturgie nichts, was nicht irgendeine Bedeutung hätte.
Genau genommen sind zunächst Vorgänge, Dinge oder Erscheinungen, Zeichen, Symbole der Raumdramaturgie noch keine Wahrnehmungsinhalte, sie müssen erst durch ein Netz (psycho-physische Potenzialität) von Bewertungen hindurch und dort entschlüsselt werden.
Die menschliche Existenz ist in dem Sinne räumlich, dass sie sich "nach innerer Notwendigkeit dem Außen öffnet" und das Verhalten "in und zu einer konkreten Mind Experience metakommunikativen Raumdramaturgie in ihren räumlichen und dinglichen Gegebenheiten" stattfindet.
Sie hat Anmutungscharakter (ganzheitlicher Stimmungsaspekt), der in Beziehung gesetzt zu seiner Umgebung Harmonie oder Kontrastbildung erzeugt. Dies kann Veränderungen im "vertrauten Bild" der Weltschau erzeugen.
Die Mind Experience Raumdramaturgie wird somit Wahrnehmungsbrennpunkt und bewirkt Handlungskonsequenzen, sie verändert zeitliche und räumliche Strukturen, damit auch Verhalten und zwischenmenschliche Beziehungen. Dabei unterscheiden wir folgende Aspekte:
Diese vorgenommenen Differenzierungen stellen analytische Einheiten dar, die unterschiedliche Aspekte des ansonsten ganzheitlichen Erlebens hervorheben.
Wichtig ist hier auch, dass der Aufforderungscharakter der Mind Experience metakommunikativen Raumdramaturgie nicht isoliert betrachtet werden darf, erst der Besucher mit seinen individuellen Interessen, Bedürfnissen, Erwartungen und seiner bewusstseinsmäßigen Einstellung, macht einen sinnesmäßigen, charakteristischen Eindruck zu einem Faktum, d.h. zu einer Gegebenheit der Wirklichkeit.
Aufforderungscharakter ist hier der terminus technicus, der eine Brücke zwischen den Raumdramaturgien und dem Besucher schlägt. So sind die Reaktionen der Besucher auf die Raumdramaturgien sehr unterschiedlich, sie können sehr gemindert oder gesteigert sein. Aufgrund spezifischer Erwartungen, besonders der Raumdramaturgie gegenüber, wird aber eine besondere Sensibilisierung der Erlebnisraumwahrnehmung entstehen.
Das Ungewohnte, die ungewohnten Formen und Raumgestaltungen und die sehr unterschiedlichen Mitbesucher steigern außerordentlich die Aufnahmefähigkeit und damit auch die Beurteilungs- und Kritikfähigkeit der Raumdramaturgie-Besucher. Durch die heutigen einförmigen Umwelterfahrungen wird besonders die Sensibilisierung und Wahrnehmungsfähigkeit der Menschen negativ beeinflusst.
Die Befunde und Modelle der Wahrnehmungs- und Kunstpsychologie belegen die Annahme, dass die Wahrnehmung der Raumdramaturgie keinen einfachen, quasi fotografischen Abbildungsprozess darstellt, sondern ein gestaltender Akt ist, in den neben Informationen der Sinneskanäle über:
Die dadurch geschaffene subjektive Wirklichkeit bestimmt das Erleben, Reagieren und Verhalten der wahrnehmenden Person.
Die Wahrnehmungsinhalte gehen durch ein Netz von Bewertungen und werden dort entschlüsselt, erhalten somit Relevanz und Bedeutung, woraus wieder Wirkungen auf die Mind Experience Raumdramaturgie im Sinne von Empfindungen, Verhalten und neuen Wahrnehmungen entstehen.
Dabei sind alle Wahrnehmungen, welchen Inhalt sie auch haben mögen, "sozial gestimmt". Irgendwie spielt die durch Erwartung oder durch Nachwirkung auf ein Erlebnis sich ergebende Stimmung für die Außenweltbeziehung eine Rolle, selbst wenn wir mit Sachproblemen beschäftigt sind.
Abgeleitet von der Feldtheorie besteht immer eine Interdependenz zwischen Besucher und Raumdramaturgie.
Auch hier wird deutlich, dass die Gestaltung und Inszenierung die Interaktion der Raumdramaturgie-Gegebenheiten mit personalen Faktoren berücksichtigen muss, will sie Wirkungen erzielen und sie in ihrer Qualität und Quantität abschätzen.
Der Einfluss durch die Mind Experience metakommunikativen Raumdramaturgie auf das Erleben des Menschen, geschieht über die Wahrnehmung der vielfältigen Reize über unser Nervensystem.
Da die physikalisch gegebenen Objekte und Gestaltungsmittel der Raumdramaturgie eine Unmenge von Reizen und potenziellen Informationen für den Besucher bereit halten bzw. er diesen ausgesetzt ist, muss ein Selektionsprozess stattfinden, sowohl durch die Aufnahmekapazität der Sinne selbst, aber besonders durch individuell unterschiedliche Aufmerksamkeitsprozesse und den Einfluss gespeicherter Programme (innere Verarbeitung).
Der hierauf aufbauende "output" als Wirkung in die Raumdramaturgie hinein enthält also einen Großteil unbewusster, automatisiert verarbeiteter Informationen.
Neben Prozessen der selektiven Aufmerksamkeit spielen Muster erkennen oder Invariantenbildung in der Wahrnehmung eine große Rolle wie auch Strukturierung der Wahrnehmung über Gestaltgesetzmäßigkeiten wie
Die wichtigsten Wahrnehmungsmodalitäten in absteigender Informationskapazität sind dabei:
wobei dabei noch nichts über die jeweilige subjektive und situative Bedeutung einer Modalität gesagt ist.
Betrachtet man die Wahrnehmung des Besuchers, über deren Prozesse er mit der Mind Experience metakommunikativen Raumdramaturgie in Interaktion tritt, als ganzheitlichen Prozess, so sind hierzu auch Prozesse des Empfindens, der kognitiven, emotionalen und verhaltensmäßigen Verarbeitung zu rechnen, obwohl hier auch schon von Wirkungen der Wahrnehmung gesprochen werden könnte.
Durch diesen Prozess des Erlebens der Raumdramaturgie mit den Bestimmungsstücken
wird wiederum die Wichtigkeit subjektiven Erlebens bei der Interaktion mit der Mind Experience metakommunikativen Raumdramaturgie aufgezeigt.
Auch für die Gestaltung und Inszenierung der Raumdramaturgie ist also die Berücksichtigung von Gestaltgesetzlichkeiten, die Wahrnehmungsstrukturierung von großer Bedeutung.
Die Erkenntnisse aus dem Bereich therapeutischer Beeinflussung über das erfahrungsorientierte Lernen für die Selbstwahrnehmung sind auch für die Mind Experience Raumdramaturgien relevant.
Gerade diese Integration erscheint als Grundlage ganzheitlichen Erlebens - ein Hauptziel der Gestaltung und Inszenierung der Mind Experience metakommunikativen Raumdramaturgie.
Die ersten Empfindungen beim Registrieren und Erfassen der Mind Experience Raumdramaturgie lassen sich als Perzeptionen, die zweiten beim Wahrnehmen und Erleben als Apperzeptionen bezeichnen.
Perzeption und Apperzeption sind somit die Grenzfälle der Sinnesempfindungen, wobei der Perzeption die Aufnahme an sich, d.h. die Fühlungnahme zur unmittelbaren Umgebung vorausgeht, während die Apperzeption zu einem relativ klaren Erfassen der tatsächlichen Gegebenheiten und zur Kontaktnahme mit diesen führt.
Am Anfang, eben wenn dem Menschen etwas Neues begegnet oder er in eine fremde, neue Situation gerät, verhält er sich, wie wenn er fast blind wäre, so dass man sogar mit einigem Recht sagen könnte: Zu Beginn findet keine optische, sondern nur eine tastmäßige Wahrnehmung statt, der Mensch streckt nur seine Sinnesfühler aus.
In nicht-fremden Situationen erfolgt daher auch die Wahrnehmung apperzeptiv. Perzeption und Apperzeption beziehen sich damit auch auf das Verstehen der Eindrücke und Einflüsse, denn der Wahrnehmungsprozess läuft in beiden Fällen als ein Einordnen der äußeren Gegebenheiten in seelisch-geistige Strukturen ab. Das Verstehen kann dabei ganz oberflächlich, aber auch tiefgreifend sein.
Die propriozeptiven Empfindungen verbinden den Erlebnisraum der Mind Experience metakommunikativen Raumdramaturgie und die Eigenwelt des Betrachters durch Einbeziehung der letzteren in die erstere. Dieser Vorgang besagt, dass es sich hierbei umgekehrt verhält wie bei den Sinnesempfindungen.
Durch Reize der Mind Experience metakommunikativen Raumdramaturgie entstandene Sinnesempfindungen und auch die dabei mit schwingenden eigenkörperlichen Regungen sind zunächst stimmungs- und gemütsfern.
Namentlich die Gesichtseindrücke zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie die Funktionen der Umwelt in sich tragen und dadurch als objektiv empfunden werden können.
Die Objekt-Subjekt-Beziehung kann daher nur auf dem Weg der reinen Wahrnehmung erfolgen, nicht etwa durch Tätigkeit, denn wenn auch die propriozeptiven Empfindungen beim Handeln wie alle Empfindungen wirklichkeitsverbunden sind, überwiegt doch der subjektive Anteil bei ihnen.
Ihre Objektivität bezieht sich schließlich auf das Mitmenschliche und Soziale, also nicht auf Sachliches. Dass materielle Dinge triebhaft erworben und sachlich-geistige Ziele erreicht werden wollen, spricht nicht gegen die grundsätzliche lmmaterialität der gesteigerten Eigenempfindungen.
Ob man eine "künstlerische" Leistung vollbringt oder mit innerer Anteilnahme etwas plant und ausführt, immer sind es nicht die Sachen selbst, sondern der gemüthafte oder seelische Wert, mit dem man in Beziehung tritt. Nicht jeder einzelne Akt ist dabei schon Gestaltung, aber er ist Teil eines gewissen Planes.
Leben verlangt Aufbau, bis zum letzten Atemzug wird etwas geplant und geformt. Die Hoffnung auf Erfüllung, der Optimismus etwas zu erreichen, wird im kleinen wie im großen stets zu einem gestalterischen Vorgang. Beides, das Verlangen nach Erreichung naher Ziele, wie auch die Zielstrebigkeit selbst, sind daher wesensmäßige Prägungsvorgänge. Diese vollziehen sich auch in der Sinnesempfindung, denn Sehen, Hören, Riechen, Schmecken usw. sind ebenfalls Tätigkeiten.
Im Empfinden, auch auf einfachster Stufe, wird der Reiz modifiziert, weitgehend umgewandelt und gestaltet. In dieser Art von Aktivität entwickelt der Mensch Gemütsregungen, er projiziert sie zugleich in den Erlebnisraum. Während die "reine" Sinnesempfindung objektverbunden ist, daher eher stimmungsneutral oder gegenüber Gefühlen zurückhaltend und passiv bleibt, entsteht bei der anschließenden Reizverarbeitung ein Stimmungsimpuls, der als Gemütsempfindung charakterisiert werden kann.
Dieser beeinflusst die Wahrnehmung, indem er dazu beiträgt, dass das Empfundene zurückgekoppelt wird. Man "geniesst" dadurch seine Empfindungen, indem man den Stimmungsanstoß aufbaut, in der Schwebe hält.
Eindrücke, die immer wiederkehren und zur individuellen Lebensumwelt gehören, werden nicht nur sinnenhaft, sondern auch gemüthaft empfunden. Sie beeinflussen schließlich den endothymen Lebensgrund, d.h. sie formen den Charakter mit. Nicht alle Objekte und Reize wirken sich in dieser Weise aus, denn vieles nimmt für den Einzelnen keine innere Gestalt an.
Was wichtig werden kann und was unwichtig bleibt, lässt sich daher allgemein nicht darstellen. lm wesentlichen sind es aber die apperzeptiv verarbeiteten Eindrücke und Reize, die vom Bewusstsein und vom Denken ergriffen und somit gemütsmäßig neutralisiert werden.
Die durch Perzeption aufgenommenen konstanten Einflüsse wirken sich tiefgehender aus. Freilich ist hier zu bedenken, dass die Mind Experience Raumdramaturgie auch die bewusst erfassten Einzelheiten und Vorgänge prägt. Nur geschieht diese Art von Formung nicht über unmittelbare Gemütsregungen, sondern über Vorstellung, Einsicht und Selbstbildung.
In der Folge apperzeptiven Wahrnehmens können sich unter Zuhilfenahme des Bewusstseins "sekundäre" Gemütsempfindungen ausbilden, die den Charakter gleichsam von innen her formen, während die un- oder unterbewusst bleibenden perzeptiven Gemütsempfindungen von außen her angreifen und formen.
Die Vitalität oder das Vegetative wird zum Gemütsinhalt und zur einzigen Kraft, die das Erleben bestimmt. Es müssen jedoch auch aus seelischen, und durch sie aus geistigen Quellen Impulse kommen. Diese werden durch die Gestalthaftigkeit in den realen Zusammenhängen über die Sinnesempfindungen angeregt.
Das Ich des Menschen repräsentiert sein ganzes Wesen. Eine tiefere und ausschöpfende Wahrnehmung kann daher schon mit dem Satz gekennzeichnet werden "Ich empfinde das..." und nicht "Es wirkt auf mich". Die volle Beteiligung des lchs am Empfindungsvorgang bringt zwar keine neuen Qualitäten hervor und ist im Prinzip auch nicht notwendig, aber sie erschließt sowohl die bewusst wahrnehmbar wie die unbewusst wirkenden Erlebnisraumeigenschaften. Nur dadurch entsteht aber die Objektivierung, die nur vom lch getroffen werden kann, d.h. durch Feststellung des subjektiven Anteils wird dieser eliminiert.
Nicht nur oberflächliche Sympathie und Antipathie, sondern vor allem begründete Zu- und Abneigung wirken sich im Ich-Reiz-Kontakt aus.
Bewusstsein ist eine Qualität der seelischen Vorgänge und in seiner Höhe und Tiefe wesentlich an der Erfassung und am Erleben der Mind Experience Raumdramaturgie beteiligt.
Jenes Wissen um die Eigen- und Umwelt, das vom Ich erfasst und geformt worden ist, bietet dem Ich die Möglichkeit, Aktivitäten zu entfalten. Das bedeutet zugleich die Ausweitung des Bewusstseins auf die Außenwelt und Kontrolle gegenüber dem eigenen Selbst.
Unser wesentliches Tun und Verhalten ist von Vor-Bildern bestimmt. Man kann nur fühlend, ahnend und mutmaßend erkennen, dass unsere Existenz von vielen Kräften getragen und gelenkt wird.
Diese Betriebsamkeit des Unbewussten rührt von den sich in ihm widersprechenden Inhalten. Dieser verschlüsselte Kodex, der unser Gesamtverhalten bestimmt, lässt sich aber auch intuitiv beeinflussen. Die Konditionen des bewussten Lebens brauchen nicht völlig im Dunkeln zu stehen, sie können wenigstens im Schattenhaften sein.
Ein Prozess, der nur in der Tiefe des Unbewussten vollzogen werden kann, d.h. konkret:
Es steckt voller dramatischer biographischer Residuen, unbewussten Ängsten, Wünschen und diffusen Sinnesempfindungen. Begrifflich ist es schwer zu fassen, es ruht auch letztlich als Daseinsgrund begriffs- und bildlos, deshalb auch unanschaulich, nicht darstellbar, in den seelischen Untergründen, sozusagen noch unterhalb des Mutterbodens des Bewusstseins.
Die Geschichte der Menschheit ist in diesen Tiefen verankert und jedes Individuum belebt sie neu. Jeder Einzelne macht nicht nur seine eigenen Entwicklungsstufen durch, er durchläuft auch die Kultur und damit die Bewusstseinsstufen der ganzen Menschheit. Vielfach verhindert das Unbewusste deshalb den bewussten Kontakt zur Sach- und Mitwelt, das wache "Gegenwärtig- und "In- der-Welt-sein."
Jeder Mensch ist mit gewissen vorbewussten "Lebensweisheiten" ausgestattet, er muss sie nur stets von neuem beleben. Bloße Erfahrungen allein nützen ihm nicht viel. Während die bewusste Erfassung der Sinneseindrücke die unmittelbaren Empfindungen begünstigt, indem sie die Aufmerksamkeit auf übersichtliche Ausschnitte richtet, ist die halb- oder unterbewusste Wahrnehmung dazu angetan, die Eindrücke unkontrolliert abzuwandeln.
Auch hier gilt, dass nicht die automatische Reaktion, sondern Zurückhaltung und innere Stille den anderen zum Bewusstsein kommen lässt. Mitmenschliche Empfindungen haben letztendlich Vorrang vor allen anderen Empfindungsarten und müssen neben dem Erleben der Raumdramaturgie und Eigenwelt ins ganzheitliche Erfassen einbezogen sein.
Sie sind auch im stärkeren Maße als bei den anderen Empfindungsarbeiten mit Bewusstseinsregungen gekoppelt, denn sie beziehen ja immer auch den Bewusstseinsträger, nämlich das lch, mit ein. Deshalb unterscheiden sie sich auch von den verschiedenen Arten funktioneller und sachlicher zwischenmenschlicher Beziehungen durch das Kontaktbewusstsein und den hierdurch ermöglichten Empfindungsaustausch.
Du-Empfindung fördern häufig den Kontakt zu einer inneren Verschmelzung mit dem Fremd-lch, so dass die mitmenschlichen Empfindungen zu Selbst-Empfindungen werden können. Dabei sollte das Du mit einem gewissen Abstand betrachtet und empfunden werden. Denn durch festgelegte Rollen sind zwischenmenschliche Beziehungen heute oft festgefahren und mechanisiert, so dass das Fremd-lch kaum noch richtig wahrgenommen wird.
Die Mind Experience Raumdramaturgie ist zwar in die natürliche und künstliche Umwelt eingeordnet, sie tritt jedoch als trennendes Prinzip in Erscheinung. Während die Sinneswelt im unabdingbaren Wechselspiel von Anstoß und Echo wirkt, zerschneiden mitmenschliche Empfindungensreize (das Fremd-lch) die Wahrnehmung. Nicht die automatische Reaktion, sondern gerade Zurückhaltung, innere Stille lässt den anderen zum Bewusstsein kommen.
Die bewusstseinsfähige mitmenschliche Empfindung ist eine wichtige Vorbedingung zum Menschenverständnis. Sie ist aber auch politisch für die Zukunft ebenso wichtig wie die Demokratisierung und Befreiung der Menschen von den ihnen unangemessenen Rollen. Die Erlebnisregungen auf Grund der Wahrnehmung des Menschen als Mensch schlechthin, unabhängig von seiner rassischen, weltanschaulichen und schließlich auch von seiner charakterlichen Bindung ist der Impuls zur Verantwortung für Freiheit.
Dabei ist sie aber keine Kryptographie, "die Kunst", die künstlerischen Aussagen zu verschleiern und zu chiffrieren, sondern "Antikryptographie", die die Botschaft eindeutig vermittelt, dass sie dem Kunst-Erlebenden hilft, Ordnung in der scheinbaren Unordnung zu finden. Dabei wird die Botschaft auf jene Aspekte unserer irdischen Wirklichkeit erster Ordnung zurückgreifen, die wir als allgemein gültige Wirklichkeit akzeptieren.
Hat die Welt keine Ordnung, dann müsste er die Konfusion der Raumdramaturgie akzeptieren und die Wirklichkeit wäre gleichbedeutend mit Chaos und unser Leben ein Alptraum.
Hat dagegen der Erlebnisraum als Abbild der Wirklichkeit für den Kunst-Erlebenden insofern eine Ordnung als er zur Milderung seines Zustandes existentieller Desinformation eine Ordnung in den Erlebnisraum hineinliest, sich aber dessen nicht bewusst ist, dass er selbst dem Erlebnisraum diese Ordnung zuschreibt, sondern vielmehr seine eigenen Zuschreibungen als etwas "dort drinnen" erlebt, das er die Wirklichkeit nennt.
Besteht für den Besucher eine tatsächlich unabhängige Ordnung, so ist sie die Schöpfung eines höheren Wesens, von dem er und das Weltgeschehen abhängig ist.
In diesem Zusammenhang soll noch kurz auf die Bedeutung von Sprachsymbolik bei der Mind Experience metakommunikativen Raumdramaturgie, also der zeichencodierten Verarbeitung von Umweltreizen eingegangen werden, da die stimmungsmäßige Wahrnehmung einerseits, die kognitive, einordnende Verarbeitung von Reizen andererseits, auch sehr stark von vor allem verinnerlichten Sprachprozessen abhängig ist.
Es ist anzunehmen, dass Sprache deshalb stärker, nicht ausschließlich, bei aufmerksamkeitsgebundenen Prozessen (Apperzeption) beteiligt ist, während symbolisch-biIdhafte Verarbeitung mehr an intuitiv-ganzheitlichen Prozessen (Perzeption) wirksam wird (vgl. auch Hemissphärenspezialisierung).
Allerdings sind dies keine sich streng ausschließenden Prozesse nach dem entweder-oder-Prinzip, sondern wirken mit unterschiedlichen Gewichten situativ im Sinne der Ganzheitlichkeit zusammen.
Die bewusste Verarbeitung von Sinnesempfindungen, etwa die Reflektion von Erleben und damit auch sprachliche Etikettierung erscheint wichtig, soll Erleben nicht immer nur intuitiv erfolgen und somit auch der Gefahr unterliegen, allzu stark von bisherigen gelernten Mustern, Einstellungen und emotionalen Automatismen abzuhängen.
Entwicklung, Veränderung und kreative Nutzung psychologischer, sozialer und gesellschaftspolitischer Raumdramaturgien bedarf beider Bereiche, der Perzeption im Sinne eher ganzheitlichen "Nebenbei-Empfindens" wie auch der Apperzeption, im Sinne aufmerksamkeitsgelenkten, mehr bewussten und auch "zur Reflektion anregenden Wahrnehmens", was aber eine unvoreingenommene, sich-Zeit-nehmende, eher feststellende, denn wertende Grundhaltung nicht ausschließt, sondern eher fordert.
Jeder, der etwas herausfinden will, die Wahrheit, Zusammenhänge, Bedeutungen über sich selbst oder die Welt, ja selbst die Zweckmäßigkeit einer Angelegenheit, muss seine Einstellungserwartungen "zurückschrauben", so dass nicht nur die Vorwegnahme des Erlebens und der Erkenntnisse durch die Raumdramaturgie verhindert wird, sondern auch der Drang zur rationalen Zweckausrichtung des Denkens unberührt bleibt.
In einer Welt von genormten Gefühlen und vorgegebenen Meinungen, sind die meisten Menschen heute kaum noch fähig, eine unvoreingenommene Grundeinstellung einzunehmen, sie lassen sich von ihren vordergründigen Verstandesinteressen und Einstellungen sowie von standardisierten Werten und Leitbildern beeinflussen und irritieren. Je nachdem, wie das Bewusstsein auf die Mind Experience Raumdramaturgie gerichtet ist, kann es die Nützlichkeit werten oder das Gegebene wertungsfrei feststellen. Im ersteren Fall verfolgt es die Funktionen und Wirkungen der Objekte. Im zweiten Fall geht es Zusammenhängen nach und findet zwanglos Erkenntnisse und Einsichten.
Es sind die verschiedenen Möglichkeiten der Selbst-Erfüllung, die das Bewusstsein braucht, weil es sich ständig erweitern will. Verstärkt sich dieses Suchen, so geht es in Zweckhaftigkeit über, denn es hat den Kontakt zum eigenen Dasein verloren. Der Mensch ist sich dann nicht mehr seiner selbst bewusst, sondern identifiziert sich mit der Welt der Objekte; und verliert sich so in der Realität außerhalb seines Selbst.
In einem solchen Kreislauf dauert der Zustand der wirklichen Daseinsbezogenheit nur eine kurze Weile. Die wirkliche zweckfreie Einstellung, die sogenannte "positive Ungerichtetheit", Vorstellungs-Zurückhaltung bei gleichzeitiger Daseinsbejahung befindet sich stets in einem labilen Gleichgewicht. Sie ist ständig gefährdet, den Boden zu verlieren. Zweckfreiheit ist hier mit Unabhängigkeit, philosophischer Grundeinstellung und Ästhetik, Zweckgebundenheit mit Sachlichkeit, festgelegter, eher enger Weltanschauung, Leistungsprinzip und sozialer Anpassung gleichzusetzen.
Die bisherigen Ausführungen sollten die Einordnung der Besucherreaktionen auf spezifische Mind Experience Raumdramaturgien in einer umfassenderen psychologischen Perspektive unter unterschiedlichen theoretischen Ansätzen beleuchten und gleichzeitig Basis sein für die Einordnung in die Thematik Besucher-Raumdramaturgie-Beziehung.
Im folgenden Kapitel werden einige wichtige und spezifischere Aussagen zur Gestaltung und Inszenierung von Raumdramaturgien gemacht.
Ulrike Ertel, Henner J.H. Ertel, München, März 1989